„Kinder halten Gewalt für normal“

20.04.2023
Autor: Cedrik Pelka

Die Stadt Essen hat beschlossen, dass Gewalttäter:innen härtere Strafen bekommen sollen. Zu dem Thema hat die WDR Lokalzeit Ruhr mit unserem Schiedsrichter Marek Olecki gesprochen.

Das Interview mit Marek lief am Dienstagabend und ist noch in der ARD Mediathek verfügbar. Wir haben das Interview für Euch abgetippt. Das Interview hat Désirée Rösch geführt.

Wie schlimm empfinden Sie das Gewaltproblem im Amateurfußball?
Es wird schlimmer. Man merkt es von Woche zu Woche, wie Spieler bzw. auch Zuschauer ins Spiel eingreifen und auch wir Schiedsrichter leiden darunter, klar.

Was haben Sie schon persönlich erlebt? Was war das Krasseste?
Ich wurde körperlich angegriffen. Es fängt natürlich schon mit dem Startpfiff an, wenn Vereine gegeneinander spielen und die Plätze nur 300 Meter entfernt sind. Wo es ein Derby ist, wo es um Punkte geht, fängt die Gewalt schon von Anfang an an. Ich habe allerdings auch schon körperliche Gewalt an meiner Person erlebt.

Sie wurden auch schonmal gewürgt. Was geht da in einem vor, wen wirklich einer angreift und Ihnen wehtut?
Angst. Na kalr gehört da Angst inzwischen mit dazu. Allerdings versuchen wir uns durch die Leute, die sich nicht benehmen können, den Sport nicht zu versauen und machen einfach weiter.

Was motiviert Sie einfach weiter zu machen?
Die Liebe zum Sport. Das war meine Leidenschaft schon immer, als kleiner Junge schon. Und ich habe nicht vor damit aufzuhören.

Schon bei den Kleinsten geht diese Aggressivität teilweise schon los. Erleben Sie das auch?
Na klar, das fängt schon im Kindesalter an, wenn diese Kids 9, 10, 11, 12-Jährigen auch schon erleben, wie sich Eltern und Zuschauer nicht benehmen, dann halten die das für normal und wachsen damit auf.

Was kann man da den Eltern mit auf dem Weg geben?
Ich glaube die Erwachsenen sollten inzwischen wissen, wie man sich benimmt und mehr muss man da eigentlich nicht zu sagen.

Wenn Sie ein Spiel pfeifen, sehen Sie dann schon vor dem Spiel, wo so die Kandidaten sind, ein bisschen auffällig werden kann?
Natürlich, bevor das Spiel losgeht, fängt man beim Treffen an, die Spieler zu beobachten und zu schauen, wer könnte Ärger machen? Wer ist ruhiger? Da fängt schon die Beobachtung an. Da fängt ja mein Job an. Und ich hoffe dann, dass alles ruhig bleibt. Alleridngs ist das ja nicht immer der Fall.

Sie pfeifen auch beim Frauenfußball. Wie ist es da?
Grundsätzlich sind sie, was körperliche Gewalt angeht, ruhiger. Allerdings sind sie auf dem Spielfeld umso wilder und ziehen auch mal an den Haaren und beleidigen sich auch ab und zu mal.

Was muss passieren, um das Problem in den Griff zu kriegen? Also diese Gewalt auf den Fußballplätzen?
Erstmal sollte sich jeder an seine eigene Nase fassen und jeder sollte wissen, wie man sich zu benehmen hat. Allerdings finde ich, ist das auch Seitens der Politik, der Verbände, der Sportgerichte da nochmal den Schritt zu machen, einfach mal was zu unternehmen.

Gibt es für Sie eine Schmerzgrenze wo sie sagen: „Es reicht! Jetzt mach ich auch nicht mehr weiter!“?
Ich liebe den Fußball, allerdings, wenn ich irgendwann mal durch einen Angriff ins Krankenhaus komme, dann würde ich schon überlegen, ob ich weitermache.

Mehr zu den Plänen der Stadt Essen findet ihr unter diesem Artikel: Stadt Essen greift durch: Härtere Strafen bei Gewalt auf dem Sportplatz

Titelfoto: Screenshot von wdr.de

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